Dieses Mal zu Gast: Prof. Cassian Schmidt, Leiter des Schau- und Sichtungsgartens Weinheim

Jonas Reif: Herzlich Willkommen auf dem Sky Beach, der ab Herbst 2018 zu Sky Nature wird. Den Auftakt macht dann ein Gräsermeer aus 700 Großgräsern. Haben Sie so etwas schon mal gesehen?

Cassian Schmidt: Das Rathaus von Chicago, ebenfalls ein Hochhaus, hat ein Dach mit einer Prärie. Aber die wachsen dort dauerhaft. Auch auf der New Yorker Highline, wohl einer der bekanntesten Parkanlagen der Welt, existieren Bereiche mit tollen Gräsern. Ein Konzept, bei dem sich die Bepflanzung mehrfach im Jahr ändert, kenne ich aber noch nicht.

Und wie ist Ihr erster Eindruck?
Spannend. Es macht auf alle Fälle neugierig und passt zu diesem trendigen Ort. Gräser sind ja derzeit sehr in Mode. Sie vermitteln Natürlichkeit und sind pflegeleicht. Man sieht ja hier, dass eine automatische Tröpfchenbewässerung schon die wesentliche Arbeit, das Gießen, übernimmt.

Sie sprechen den Aspekt Natürlichkeit an. Nun haben ja Gräser keine Blüten mit Nektar. Sind sie dennoch ökologisch wertvoll?
Auf jeden Fall! Der Samen wird von Vögeln gefressen und vielen Insekten brauchen Gräserhalme, um darin zu überwintern. Auch das Zirpen von Grillen, was man hier oben – in etwa 60m Höhe – zwischen den Gräsern gehört hat, ist ein untrügliches Zeichen, dass Gräser für die Tierwelt keineswegs unbedeutend sind.

Und welche Bedeutung haben Gräser für Städte?
Grundsätzlich sind alle Pflanzen, die in Städten gut wachsen, eine Bereicherung. Dass Wasser,  das sie über die Blätter wieder freisetzen, erhöht die Luftfeuchtigkeit und kühlt zugleich. Das machen natürlich auch andere Pflanzen, doch nur wenige können unter solch extremen Dachgartenbedingungen mit starker Sonneneinstrahlung und ständiger Windeinwirkung so gut bestehen wie die hier verwendeten Gräser.

Neben der schon angesprochenen Pflegeleichtigkeit und Natürlichkeit: Was macht Gräser noch attraktiv?
Viele Arten haben eine tolle Winterwirkung – dies macht man sich ja auch bei Sky Nature zu nutze. Andere Gräser, wie Carex oschimensis ‘Everillo‘ und ‘Evereste‘ sehen das ganze Jahr gut aus. Die zwei Seggen-Sorten sind inzwischen im Gartencenter regelmäßig zu finden und wachsen auf (halb)schattigen Balkonen gut.

Zu welchen Gräsern können sie für solche Plätze noch raten?
Sehr beliebt ist derzeit auch das Japan-Waldgras (Hakonechloa macra), dass mit seinem überhängenden Charakter in größeren Töpfen toll zur Geltung kommt. Wenn eine stetige Bewässerung vorhanden ist, gedeiht es auch in voller Sonne gut – wie man ja hier bei Sky Nature sehen kann.

Und was empfehlen Sie für sonnige Balkone und Dachgärten?
Für große Gefäße (40l und mehr) sind die auch bei Sky Nature verwendeten Chinaschilfe (Miscanthus) und Rutenhirsen (Panicum) denkbar, während Lampenputzergras (Pennisetum alopecuroides), Goldbartgras (Sorghastrum nutans) und Diamantgras (Calamagrostis brachytricha) schon in etwas kleineren Gefäßen funktionieren. Wenn man auf eine Bewässerung verzichten will, könnten Nest-Kopfgras (Sesleria nitida) oder das Engelhaar (Nasella tenuissima) eine Alternative sein.

Worauf ist bei der Pflege zu achten?
Auf ein Düngung mit Rasendünger im Frühjahr. Vor allem bei kleineren Töpfen besteht die Gefahr, dass diese Durchfrieren und Pflanzen absterben. Ein dichtes zusammenstellen der Töpfe an der Hauswand kann schon helfen. Nicht immergrüne Gräser werden nach dem Winter knapp über dem Boden zurückgeschnitten. Regelmäßiges Wässern ist für die meisten Arten wichtig, aber die Wurzeln dürfen niemals ersäuft werden (Dauernässe).

Vielen Dank für das Gespräch!